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In der Ferne das Glück. Geschichten für Hollywood.

Von Vicki Baum, Ralph Benatzky, Fritz Kortner, Joseph Roth sowie Heinrich Mann und Klaus Mann u. a. Herausgegeben von Wolfgang Jacobsen und Heike Klapdor. Berlin: Aufbau Verlag 2013.

Ein Sensationsfund – Erzählungen über Verrat, Schuld und Sühne, die Suche nach Liebe, Flucht und Rettung

Wer vor den Nazis floh, stand im Exil zumeist vor dem Nichts. Vor allem für Schriftsteller war der Verlust ihrer Sprache ein Desaster. Populäre Autoren wie Vicki Baum, Heinrich und Klaus Mann oder Joseph Roth entwarfen Stoffe für das große Kino, versierte Regisseure, Drehbuchschreiber und Produzenten wie Fritz Kortner, Luis Trenker und Willi Wolff bemühten sich um Verträge mit den Hollywood-Studios, und erfolgreiche Komponisten wie Ralph Benatzky schlugen sich mit Auftragsarbeiten durch. Der berühmte, in Hollywood erfolgreiche Agent Paul Kohner half ihnen dabei. Aus seinem Nachlass stammen die hier erstmals publizierten Filmerzählungen. Sie verknüpfen individuelle Konflikte und zeitgeschichtliche Katastrophen mit klassischen Genre-motiven: Träume von Liebe und Glück, der Kampf ums Überleben, heroische Abenteuer werden in tragische, komische, satirische, anrührende, mitunter auch triviale Geschichten, Agenten- und Crimestorys gefasst.

Sorgfältig ediert und kommentiert von Wolfgang Jacobsen und Heike Klapdor, vermitteln sie Lese- und Entdeckungsfreude, dazu noch einen ungewöhnlichen Einblick in Emigrantenschicksale und das Business der Traumfabrik Hollywood.

Thomas Knauf: Das Recht auf Unglück. “Es gibt Filmbücher, deren Anhang (Anmerkungen, Personen- und Quellenverzeichnis) fast so umfangreich ist wie der Hauptteil. Andere kommen ganz ohne Anhang aus, weil sie sich selbst erklären und das Bibliografische im Text verstecken. In der Ferne das Glück ist eine Kategorie für sich. Der Kommentarteil samt Vorwort macht gut ein Viertel des 500 Seiten starken Buches aus und stellt an Lesevergnügen die 25 ausgewählten Treatments und Exposés von 27 Drehbuchautoren teilweise in den Schatten. Das ist nicht allein den Herausgebern Wolfgang Jacobsen und Heike Klapdor geschuldet, die aus dem in der Deutschen Kinemathek aufbewahrten Nachlass der Paul Kohner Agency Los Angeles dieses erstaunliche Buch edierten. Die Umstände, unter denen der jüdische Filmagent Paul Kohner (1902-1988) die Stoffe der von den Nazis ins Exil vertriebenen deutschsprachigen Autoren für Hollywood akquirierte, lesen sich wie erschütternde Wikileaks-Enthüllungen und erzählen mehr über das Schicksal der Lohnschreiber als ihre fürs tägliche Brot verfassten Kinogeschichten. Selbst Leuten vom Fach dürften etliche Namen der hier vertretenen German screenwriters kaum geläufig gewesen sein, zumal keiner der versammelten Filmentwürfe jemals das Licht der Leinwand erblickte. Die Zeiten, als Drehbücher bedeutender Filme zum Nachschlagen gedruckt wurden, sind längst vorbei. Wozu also eine Sammlung für Hollywood untauglicher, zu früh oder zu spät gekommener Kinoentwürfe lesen, denen der modrige Geruch des Archivkellers anhaftet? Das verspätete Totenbuch deutscher Lichtspielideen in der Diaspora kostet stolze 26,99 Euro, mehr als manche Memoiren von unter der Sonne Kaliforniens glänzenden Emigranten der Weimarer Götterdämmerung wie Lubitsch, Lang, Wilder, Zinnemann, Siodmak, Sirk, die seit Jahren in jeder Filmbuchhandlung ausliegen. Die Antwort lautet: Weil In der Ferne das Glück den archäologischen Glücksfall unbekannter cineastischer Schätze darstellt, eine Fundgrube für Filmautoren, -kritiker, -wissenschaftler und Kinogänger, die das Massenmedium Film als Spiegel der Zeiten ansehen. […]” In: Scenario 8. Film- und Drehbuch-Almanach, hg. v. Jochen Brunow. Berlin: Bertz + Fischer 2014, S. 192-199.

Bernd Eilert: Die Leiden unheilbarer Europäer in Hollywood. In: FAZ, 31. Mai 2013. „[…] Wer sich dafür interessiert, wie man Geschichten für Hollywood zubereitet, kann wenig lernen aus diesem Buch, wer sich dagegen mit Filmgeschichte beschäftigt, lernt eine Menge, gerade aus dem umfangreichen Anmerkungsteil, der erfreulich kritisch mit seinen Sujets umgeht.“

+ Die Kritik der Frankfurter Allgemeine Zeitung.

Paul Michael Lützeler: Exil in Hollywood: 100 Dollar am Tag – für Filme, die es nie gab. In: Literarische Welt, 16. 1. 2013. „[…] Wer sich fürs Auf und Ab der Filmgeschichte und die zuweilen irritierenden Schnittstellen von Literatur und Film interessiert […], der wird den Band gerne lesen. Die ausführlichen Kommentare der Herausgeberin und des Herausgebers tragen zur Attraktion dieser Sammlung bei.“

+ Fluchtpunkt Hollywood – Kritik der Zeitung Die Welt.

+ Kritik von Deutschlandradio Kultur.

+ Kritik der Berliner Zeitung: Was Hollywood uns ersparte. Vom Dichter zum Dienstleister — Drehbuchideen im Archiv der Kinemathek. Von Sabine Vogel, Berliner Zeitung, Nr. 28, 2./3. Februar 2013.

+ Kritik bei NDR1 von Margarete von Schwarzkopf in der Bücherwelt vom 5. Februar 2013: „Der Band In der Ferne das Glück mit bisher unveröffentlichten Erzählungen ist ein eindrucksvolles und ergreifendes Dokument zum Thema Emigration und zugleich ein wichtiges Kapitel deutscher Literaturgeschichte. Das Buch ist aucheine Reflektion über das Thema der Bedeutung des magischen OrtesHollywood, in dem Billy Wilder, Fritz Lang, Peter Lorre und andere Künstler eine neue künstlerische Heimat gefunden haben, während andere vor der Tür des Paradieses bleiben mussten.“

Kulturradio am Nachmittag des rbb Kulturradio vom 28. Januar 2013: Frank Rawel im Gespräch mit der Filmhistorikerin Heike Klapdor, die – gemeinsam mit Wolfgang Jacobsen – das Buch “In der Ferne das Glück” (Aufbau Verlag) mit Filmerzählungen aus dem Exil herausgegeben hat.

+ Kritik von Volker Baer in Filmdienst 6/2013: „Sie wurden ihrer Sprache beraubt. – Eine neues Buch versammelt Dokumente und Briefe zum amerikanischen Exil. In ihrer Heimat meist anerkannte Autoren, hat man hat sie ihrer Sprache beraubt, nach 1933 in Deutschland verfolgt und verjagt. Nun kamen sie in eine fremde Welt, ohne Auftraggeber, Verlage und Leser. Und doch mussten sie ihrer Selbstbehauptung wegen schreiben. Gerade das Schreiben war die Bedingung für ihr (Über-)Leben. Einer, der ihnen zur Seite stand, war der deutsch-amerikanische Filmagent Paul Kohner, dessen Archiv ein Nachlass von unschätzbarem historischem Wert ist. Die Deutsche Kinemathek in Berlin erwarb ihn 1988. Wolfgang Jacobsen und Heike Klapdor haben die Bestände nach Drehbüchern durchsucht und bieten nun einen tiefen Einblick in die Arbeit der Autoren. 25 Texte haben sie von 27 Schriftstellern ausgewählt. Nur wenige von ihnen (Fritz Kortner, Leo Mittler, Klaus Mann, Luis Trenker) kehrten nach 1945 nach Europa zurück, viele blieben in den USA. Sie dachten und fühlten meist noch europäisch, und wenn sie sich auf US-Kinobesucher einstellten, wirkten ihre Texte oft unsicher, gar epigonenhaft. Die neue Welt war ihnen in ihren Skizzen, Entwürfen oder Kurzgeschichten noch nicht vertraut. Manche blickten zurück auf die alte Heimat (Joseph Roth, Leo Mittler), andere machten den Ersten Weltkrieg zum Thema, andere die Judenverfolgung in der NS-Diktatur oder die europäische Einigung (Klaus Mann). Auch Komödien-Entwürfen begegnet man. Da gibt es Boxer und Betrüger, Verwechslungsspiele, Grotesken (Reinhold Schünzel), einen Stummfilm mit gesungenen Texten (Ralph Benatzky). Amerikanischer Alltag spiegelt sich in Geschichten von Warenhaus und Casino (Vicki Baum). Metaphysisches bietet eine Fabel von Engeln, die zu Fliegern und wieder zu Engeln werden (Luis Trenker). Zu jedem Autor werden umfangreich Vita und Werk notiert; Hinweise stellen Querverbindungen zu anderen literarischen Arbeiten oder Filmen dar – eine immense Arbeit. Manche Skizze mag naiv oder plakativ wirken, man muss sie aber mit dem Blick auf die Bedingungen lesen, unter denen sie entstanden. Und auf die Zeit.“

+ Kritik der Deutschen Welle.

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